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Jean Paul - Bemerkungen über den Menschen - Aphorismen 6

6. Bändgen - Bemerkungen über den Menschen - (August 1811)

Zur Ehe gehört nicht bloß, daß man das Mädchen, sondern auch, daß man sich prüfe - ob nämlich 2 Vortreffliche dennoch sich einander nicht fügen.

In der Liebe wird der Ernst der Jungfrau bezaubern; in der Ehe, die selber ein langer Ernst ist, möchte leichtes Scherzen und Bescherzen der Welt besser einschlagen.

Durch manche Gesichter scheinet jede innere Bewegung so hell durch, daß es nicht genug ist, wenn sie nichts äußern; zu ihrer Verstellung ist sogar das Anstellen des Entgegengesetzten nötig.

War man zu sanft und stoisch im ehlichen Zank, so braust's nachher auf, und man vergibt schwerer. War man zu wild: so bereuet man und vergibt leichter.

Je länger man lebt, desto kürzer werden uns die Jahre. Denke an das Reisen: ein Vormittag auf der Reise zugebracht ist länger als 10 Vormittage zu Hause; aber warum? Die Menge neuer Gegenstände vervielfacht die Aufmerksamkeiten oder die Ideen, als Zeitmesser. Ebenso scheint uns die Jugend länger, weil in ihr alles neu ist und also die Zeit verdoppelt, im Alter aber alles einförmig wiederkehrt.

Wenn nur eine erste Liebe recht glühend da war: so schadet ihr Untergang, ihr Töten mit Wasser nichts; ewig ragen die Türme der überfluteten Stadt empor. Aber es gibt Menschen, die keine erste Liebe hatten.

Ich weiß nicht, was Eifersucht ist in der Ehe beim Manne -; in der Minute der Einsicht hätt er b(ei) d(er) Entscheid(ung), nur sich oder die Frau zu verachten -

Es ist unendlich verschieden, einen Menschen lieben und etwas an ihm lieben, und sei dieses Etwas das Edelste; er wird doch Mittel; aber das Lieben des ganzen Menschen macht ihn mir nur zum Ziel seiner und meiner selber.

Je älter ich werde, desto mehr glaub ich, wer äußerlich auf lange unglücklich ist - denn ein Brand, Krieg gehört nicht hieher - der verdient's durch Mangel an Klugheit und Beharrlichkeit.

Tod und Geburt lernt man nur in einem Dorfe kennen, in keiner Stadt.

Wollt ihr Originale im Handeln, sucht sie bei Leuten, die nicht ihre Kraft wegschreiben und die ohne Reflekt(ieren) forthandeln - die schreibenden Genies sind matte Handler.

Erst dann, wenn der Gelehrte weiß, daß er einsam bleibt, fühlt er sich recht und genießend einsam.

Auch die Möbeln gehören zum weiblichen Anzug, z.B. ein schwarzes Kanapee ist ein gutes Unterfutter für einen weißen Arm.

Um froh, frei, leicht und reich Einfälle in Gesellschaft zu haben, muß man nicht mit einem andern wetteifern oder gar kämpfen, sondern ohne Gegner über das Allgemeine sprechen. Repartien sind ein lästiger, aufhaltender Zwang. Sogar der fremde Witz regt mehr unser Genießen als unser Erfinden an.

Jeder Jüngling glaubt, ein Philosoph oder ein Dichter zu werden, weil beide zu den Kräften der allg(emeinen) menschlichen Natur gehören, und es kommt auf Akademien oder in der Lektüre nur auf den Reiz an, den vorwiegend das eine oder das andere macht. Erst später macht er dies Allgemeine bloß zur Unterlage seiner besondern andern Kräfte, sobald jenes nicht zugleich auch seine Individualität ist.

Das Gespräch der meisten Humanisten (Gelehrten) untereinander ist weiter nichts als ein gegenseitiges heimliches, höfliches Examen; daher colloquium sogar bei den Theologen = Examen.

Die ewigen langweiligen leeren Vorübungen zum Kriege müssen dem Soldaten ordentlich Sehnsucht nach einem freiern und treffenden Realschießen machen.

Die meisten Ehekriege [kommen] nicht davon, daß man die Wahrheit der Person sagt, sondern daß man sie, unbekümmert um jede Zeit, sogleich sagt.

So viel man Kinder hat, so viele Frauen hat man auf einmal mehr geheiratet. Jedes Kind ist eine neue Laune der Frau. - Hast du 3 Kinder: hast du 4 Weiber.

Wer sagt, daß die schönen Weiber im Alter häßlich werden, vergißt bloß die guten schönen.

Gerade die Idyllenfreude, die nur aus Kleinigkeiten besteht, leidet so leicht von den Kleinigkeiten die Unterbrechung.

Imponieren kann mir niemand anders als moralisch, weil er hier den ganzen Menschen trifft; hingegen jede einzelne Übermacht z.B. des Scharfsinns, Gelehrsamkeit etc. trifft auch an mir nur einen Teil.

Wir Menschen lieben nicht, um zu hassen; aber wohl hassen wir, um zu lieben.

Gewissen höhern Weibern (Linda) ist nicht zu helfen, aber wohl tiefern; fallende Menschen, nicht fallende Engel wurden erlöset.

Ich mag mit niemand umgehen, der mich nicht wenigstens in etwas übertrifft, in Kenntnissen, Erfahrung etc. oder im Moralischen. Die mir ähnlichen oder meinesgleichen sind nicht meine Leute.

Man (z. B. der Gelehrte, Dichter) gewinnt in Gesellschaft nicht so viel, wenn man durch Stärke die Feinheit ersetzen will, als andere, die es umkehren.

Ein Trost besteht nicht darin, daß man dem andern Gründe gegen sein Unglück sagt - denn er wußte sie alle selber vorher und konnte ebensogut zurücktrösten -, sondern darin, daß eine fremde Seele durch Darstellen sie alle in der andern belebte und beseelte, damit sie durch Empfindung das Gleichgewicht hielten der leidenden Empfindung.

Unter allen Eigenschaften einer Braut sieht man am wenigsten auf die größte, ob sie Kinder erziehen kann - und freilich ist sie am schwersten zu erraten.

Ein Mann deutet recht deutlich (als sein Selbst-Rhapsodist) seinen Charakter durch das Tragen seines Stockes an, sobald er ihn, unwissend, bemerkt zu werden, trägt und schwenkt und hält.

Ein berühmter Mann verliert nicht, gewinnt vielmehr durch eine Lächerlichkeit, die man von ihm erzählt oder lieset -; aber begeht er sie vor unsern Augen, so verliert er. Allein warum? Hier wirkt die Gegenwart zu mächtig, und der Mann, erscheinend darin, nur stückweise aufglänzt; hingegen in der Erzählung herrscht und glänzt die Idee des Ganzen über den Mann.

Hat man eine kleine Bitte: muß man mit dem Allgemeinen anfangen, man habe was zu bitten, weil der andere dann froh ist, daß es nichts Größeres ist. Eine große Bitte aber tue man ohne dies.

Man habe sich noch so frei gemacht, und noch so gleichgültig gegen die Welt und alle Feinde; wer kann uns denn noch tiefe Schmerzen geben? Eine Gattin durch ein Wort, man müßte sie denn nicht lieben.

Daß die Menschen einen Kerker für eine Strafe halten, beweist, daß sie Geselligkeit für Belohnung halten; denn sonst wäre ja im Kerker alles zu haben, wenn man Menschen ausnimmt.

'Ich werfe die Pflaumen, die ich nicht will, in ein anderes Gefäß und gefalle mir - die Frau tut dasselbe bei etwas, das sie nicht will - Dort tut mir meine Handlung wohl, hier dieselbe Handlung weh.' Gesetzt, ich halte beide Handlungen für recht: worin liegt der Grund des Mißfallens? Daß dort ich, hier es ein anderer tut.

Die Lebhaftigkeit des Gesprächs macht nur Männer schneller gehen, nicht Weiber, diese bloß schneller stricken.

Einer Liebhaberin wird die Treue viel leichter als einer Gattin.

Warum werden uns denn Menschen, welche einzeln wir übersehen und überwinden, in einer Gesellschaft so wichtig und herrschend? Die bloße Bestechung der Augen durch eine längere Reihe entschiede nicht bei den kräftigern Menschen; und wo liegt diese Vielheit nicht vor ihm. - Schon ein Grund: der Mensch, obwohl sich seiner und seiner Gründe recht sehr bewußt, will sogar von einem tiefern den Beifall; es muß also durch das fremde Ich etwas Höheres ausgesprochen werden, das nun durch die Vervielfältigung noch bedeutender wird.

Man muß sich, um den andern gerecht zu beurteilen, nicht in dessen nächste Minute an die Stelle setzen, sondern in sein Jahr, Leben, Wochen.

Man erfreuet sich nicht an den äußern Zuständen d(er) Vergang(enheit), sondern an den innern, man wünscht nicht das alte Leben zurück, das meist seichter ist und das man jetzt gar nicht ertrüge, sondern die alte Seele.

Wenn man ein Kind einen Menschen hassen lehrt, der ihm nichts getan: so lernt es die übrigen Menschen daran hassen.

Ein Autor bringt sich darum nicht ganz in seinen Roman, weil [er] eine Menge Züge von sich übriglassen muß, um sie andern Leuten darin zu leihen.

Wer für Freiheit ficht und spricht (z. B. der Ungar), dem ist der Gegenstand und Anlaß gleichgültig - er streitet nicht für das Haar, woran manch(er) hängt, sondern für oder wider den Kopf, woraus es kommt.

Es ist mir bei der Kinderfreude zu Weihnachten nicht an der gegenwärtigen Freude gelegen - so groß und innig sie wegen der noch eingehüllten Natur auch ist -, sondern an der unvergänglichen, unzerstörlichen Über- und Zauberfreude künftigen Erinnerns, das nicht die Gegenstände verschönert (nur entfärbt), sondern die höchsten Gefühle zum zweiten Mal erhöht und verschönert.

Für das Volk ist freilich Essen bei Festen die Hauptsache, aber darum, weil eben die Ruhe zugleich zum Genusse tritt - die Losgebundenheit zum Sprechen und von Arbeit.

Sind die Weiber an leidenschaftliche Verweise oder Ausbrüche des Manns gewöhnt: so werden sie nachher durch stilles Vernunftbetragen nur noch erbittert(er).

Das Unmoralische, was man an sich am meisten tadelt, sieht die Welt gar nicht, oder es fällt ihr nicht auf; aber Handlungen, die man vor dem Gewissen auf Kosten des Verstandes verantwortet, trägt die Welt uns als unsittlich nach.

Die Fremden hören in der Ehe wohl den Sturm, aber nicht die Windstille oder den Zephyr.

Die leichte Niederlage mancher Weiber kommt vielleicht nicht sowohl von Sinnlichkeit, Übermannung und dergleichen her, sondern von Phantasien, die lange in einem zügellosen Reiche hinter Stirn und Lippe spielten und schweiften und welche in einem Mehr der Phantasie ansässig wurden, das freilich leicht mit dem Minder der Wirklichkeit aussöhnt.

Wenn einem ein Werk am Ende gefällt wie mir Tristram, so kann man sich gar nicht erklären, warum es einem früher mißfallen. Hingegen, warum uns ein später mißfallendes Werk anfangs gefallen, erklärt sich leicht.

Allgemeine Amtnamen wie die Polizei, die Regierung wirken mehr auf die Furcht und Achtung als die einzelnen Namen der Beamten. So auch L[iteratur] Z[eitung] statt eines genannten Rezensenten.

Gefährlich für die Menschenliebe, das Talent zu sehr zu achten und in jedem Herzen, das man lieben will, einen besondern Kopf zu suchen. Das Talent zeigt sich bald erschöpft - und dann wird's die Liebe auch. Eine festhaltende Liebe ist die gegen Menschen, gegen Tugend, die nicht wie das Talent bei Wiederholung (Wiederkehr) verliert, sondern gerade gewinnt.

Der Stolz und die Eigensucht mancher edeln Menschen verbirgt und erträgt sich leichter in ihrem Glücke als in ihrem Unglück. -

Etwas anders ist, wenn ein Begeisterter sich lobt oder wenn ein Kalter; jener ist nicht eitel, er vermischt [sich] mit der Sache, dieser macht die Sache zu sich.

Daran erkenne deine historische oder poetische Kraft: was dir so leicht wird, daß du ordentlich nach einer andern Kraftübung dich umsiehst, dies ist deine Kraft - Und das Angeborne achtet eben nicht das Angeborne, sondern das Anerzogne.

Wenn eine Frau sagt, sie habe diesen Mann schon von weitem am Gang erkannt: so haben beide den Genuß einer kleinen Selbergefälligkeit, jene, daß sie so erkannte, dieser über seine Eigenheit.

Man ist leichter standhaft, wenn das Unglück zu höherem steigt, als wenn man von einer großen Hoffnung auf einmal zu einer kleinen Furcht herabgeworfen wird.

Wie Erfinden angenehmer als Ausarbeiten, so ist's Sprechen mehr als Schreiben.

Es ist lächerlich, wenn ein Trunkner sein Zu-viel-Trinken verbergen will; denn sobald er selber es merkt, so merken es andere gewiß noch eher.

Die Hölle läßt sich als ein unendliches ewiges Schmachten nach Errettung leichter in und durch ihre Schrecken malen, als der Himmel in einem

Dasein fester Wonne, welche auch die Hoffnung endigt, da sie jede übertrifft.

Es gibt eine doppelte sehr verschiedne Hoffnung, die, welche auf Ankunft neuer Güter hinweiset und wartet; die andere wichtigere, welche Heilung und Vorübergang der Übel erwartet.

Unter allen Menschen hat ein Fürst die meiste Veranlassung und Entschuldigung, ein Menschenfeind zu werden; die Menschen taugen nichts, wenn man sie, anstatt zu Freunden, zu Untertänigen, Suchenden hat.

Ich kann keine Freude über mein Rechttun haben - z. B., daß ich einem andern sein Eigentum zurückgebe -, dies setzte etwas Schlimmes voraus; aber ich kann eine Freude über mein Wohltun haben; aber dann ist's nicht etwan eine über mein Tun und Gutsein, sondern über das fremde Glück und insofern ein Wert mehr.

Liebe, es sei eheliche oder jungfräuliche, ist ein noch besseres Schirm(Sieg)mittel gegen jeden Anfall auf ihre Tugend als diese selber.

Die deutschen Damen lassen das französische Sprechen schon darum nicht, weil es das einzige Wissenschaftliche ist, womit sie glänzen können; so auch der gemeine Edelmann.

Wenn die Namen der Soldaten abgelesen werden; antwortet jeder mit einer andern Stimme: hier!, die bezeichnend ist.

Was dem berühmtesten Manne wie dem mittelmäßigsten es so schwer macht, einen andern so zu behandeln, daß dieser zufrieden ist, ist, daß er selten bestimmt wissen kann, was dieser andere nicht bloß für eine Meinung von sich selber hat, sondern auch von ihm. Denn nach dieser zweifachen Schätzung richtet sich das Urteil über das Behandeln. Derselbe berühmte Mann kann bei einem anstoßen, bei welchem er eine große Verehrung voraussetzt, bei einem andern, wo er eine zu kleine annimmt usw.

Fürstinnen regierten immer gut, weil sich Weiber von niemand lieber Rat geben lassen als von Männern, die eignen ausgenommen.

Je größer die Stadt, desto mehr Enthusiasmus für einzelne (individuelle) Fälle - sowie desto mehr Kälte für allgemeine.

Ist einer als ein Mann von großem Verstande bekannt: so gewinnt er in Gesellschaft durch Schweigen mehr als durch Reden; fängt er aber dieses an, so muß er mit dem Besten beginnen.

Verdorbne Frauen reden untereinander oder mit Männern tadelnd von fremden unkeuschen Handlungen, bloß um sie länger sich vorzustellen und vorstellen zu hören.

Eigentlich bestechen gegen die Wahrheit rechtlose Beleidigungen weit mehr als rechtlose Schmeicheleien.

Der Mensch ist nie besser und wärmer, als wenn er dem andern eine Freude vorbereitet.

Kinder über Eltern ausfragen spionierend: heißt Briefe erbrechen, ja noch schlimmer, da man (in Briefen) gegen den Freund nicht so viel Schwachheiten zeigt als gegen Kinder.

Wie anders ist das Los eines Helden oder Kollegiumsmenschen oder Fürsten, welcher seine schönsten Ideale nur mit fremden Beihülfen erreichen kann, gegen den Dichter und Weltweisen, der nur eigne braucht. Ein Held ist in ewigem Doppelzank mit außen.
Leider gewöhnt man sich immer mehr an die Tugenden des Bekannten und haßt entwöhnt immer mehr dessen Fehler, je länger man mit ihm umgeht.

Nicht die einzelnen Anreden, sondern die zufälligen Äußerungen der Eltern und die absichtlose Fortsetzung und Offenbarung eines Charakters wirken so unglaublich auf die Kinder, denen durch ihre Verehrung alles so fest anfliegt.

Was Freundschaft, Ehe, Dienstbotenliebe so bald schwächt, ist, daß man alle die Tugenden, womit jemand anfängt, nur kurz im Anfange, aber später nur als notwendige Basis schätzt, von der man anfängt, die Fehler und die Tugenden zu berechnen. Ein kleiner Fehler oder Abgang wird einem Tugendreichen schwerer verziehen als einem Tugendarmen seine ganze Armut. An nichts leichter gewöhnt sich der Mensch bis zur Vergessenheit und Undankbarkeit als an den Wert des andern. - So können 2 Eheleute ihre Verdienste steigern; da es aber beide tun, rechnet es kein Teil dem andern zum Verdienst an.

Kleine Mädchen scheinen am leichtesten gut erzogen, weil ihre Natur nicht heftig, sondern immer furchtsam ist und also jeden Schein der Erziehung leichter nachspiegelt.

Zum Ausführen braucht man 1 Mann (General), der die Entschlüsse von hundert realisiert; aber zum Entwerfen, zur Ansicht einer ganzen Zeit ist 1 Fürst nicht hinlänglich; an 1 falschen Idee gehen Völker verloren. Daher von jeher Konsilien; daher Republiken. 100 Augen sehen mehr als 2; aber 2 Arme tun mehr als 100.

Wer seine Gesinnungen verbergen will, langt mit bloßem Verstellen (dissim(ulare)) nicht aus, sondern er muß Anstellen (simul(are)) dazunehmen; ihr Ausdruck wird am besten durch einen Widerschein und Annäherung der entgegengesetzten verborgen.

Ich erziehe Kinder nicht zu etwas, sondern in etwas.

Den meisten Menschen, besonders den Gelehrten, fehlt zum Gutsprechen nichts als die Freiheit zu sprechen.

In der Ehe besonders - aber eigentlich überall - ist der große Irrtum, daß man glaubt, sobald man seinen Wert, sei es schreibend oder handelnd, dem andern feurig gezeigt und eingeprägt, man habe in den matten Tagen des Lebens dieselbe feurige Darstellung des Innern nicht zu wiederholen, sondern auf die erste zu bauen. Das Wiederkommen der Zeit fodert Erneuerung des ersten Eindrucks und um so mehr, je größer er war.

Ich fühle im Hassen des Bösen meine Seele so sehr erhoben als im Lieben des Guten. Und jenes Hassen hat nicht(s) Unangenehm(es) bei sich, sondern nur Kraft.

Wie man durch Beisammensein fortliebt unter der Rinde die Frau, so auch den Freund; nur die Unterbrechung zeigt uns, wie so stark wir lieben.

Das größte Vorurteil, daß Dichter, die sich selber hingeben und vergessen, nicht das fremde Sich auffaßten und bemerkten. Sie sehen alles, weil sie sich sehen lassen; der andere sieht wenig, weil er wenig sehen läßt.

Wenn das bloße Lesen die Leser so ausbildete: so müßte man im 6. Jahrtausend zehn mal besser schreiben als im 2. Jahrtausend.

Jedes Leben, zumal eines Autors, ist wert, beschrieben zu werden, aber nicht jeder ist wert und fähig, es selber zu beschreiben.

Knechtschaft der Völker ist nicht so schlimm als Knechtschaft ihrer Herrscher unter einem Oberherrscher, denn seine Knechtschaft müssen sie bei ihrer alten unter ihm tragen.

Feinheit setzt Verständnis voraus, [ist] also nur gegen Feine möglich und zu üben.

Man fodert von Kindern das Unmögliche, daß sie Ehe, Kinder und alles sehen, und rein nichts erraten, auch von weitem her.

In jedem Falle wird bei gleicher Anlage das falsche Vertrauen auf Talente mehr hervorbringen als das falsche Mißtrauen in sie; jenes spannt, dieses lähmt.

In der Ehe helfen große geistige Vorzüge wenig zum Glück, da sie nur selten einwirken; aber kleine Achtsamkeiten und Angewohnheiten und nachgebender Verstand bereiten Glück.

Jede spricht von Hämorrhoiden und niemand von Menses, kein Mann und Weib.

Man sagt doch seine Meinung, die dem andern entgegen ist, sanfter, mäßiger, wenn man sie in dessen Hause sagt, als wenn man mit ihm im fremden ist.

Die Männer müssen den Weibern egoistischer erscheinen, weil sie behaupten, erkämpfen, bekämpfen, herschaffen müssen und diese nur benützen. Jede Kraft nimmt den Schein der Ichsucht an, denn im Ich wohnt sie ja.

An Kindern sieht man am öftersten und stärksten, wie wenig die Vorstellung der Zukunft über anreizende Gegenwart siegt.

In der Ehe schämt man sich mehr, der Gattin die geistige Liebe zu offenbaren als die körperliche; vor der Ehe natürlich umgekehrt.

Jeder Mensch (z. B. Einsiedel) bildet in seiner Persönlichkeit auch bei allem Wert etwas feines Komisches für d(ie) andern.

Ich kann mir denken, daß ein reiner Dichter einen reinen Kaufmann begreift und schätzt sogar; aber nicht umgekehrt.

Wenn der Mensch seine schlimmen Anteile der Natur untersucht: so wird er sie immer klein und fast nicht unmoralisch finden, z. B. Hitze, Bequemlichkeit, Genußliebe, Lobsucht, und er wird mit Recht von sich denken, daß er damit nie dem andern recht verhaßt oder gefährlich sein könne. Indes, wenn diese schlimmen Partikeln durch Umstände, Zeit, Menschen sich verdichten, durch Zorn, Übereilung aufbrausen, so kann er den andern verhaßt scheinen, ohne es sich selber zu werden; oder er kann bereuen und doch seine alte Achtung sich bewahren. Daher denn sein Selbbewußtsein. Wir bedenken gar nicht, wie die kleinste unsittliche Partikel in uns durch Zusammenströmen mehrerer Umstände zu einer Lastertat sich ausdehnen kann.

Bloß bei den Tieren kann ich rein rechnen, daß sie je besser gegen mich sind, je besser ich gegen sie; bei den Menschen nicht, ja oft umgekehrt.

Das Schöne, was man für den Freund im Enthusiasmus ausgedacht, gebe man ihm nachher.

Schrittschuhfahren = jeder Schuh ist ein Schrittschuh; aber der eiserne Schlittenschuh ist eben ein Schlittschuh.

Der Leser leiht dem Autor gewöhnlich die schöne etc. Lage, in der er ihn zum ersten Male las.

Die Menschen - dies beweiset die Liebe der Kinder - werden nicht zu den Menschen erst hingewöhnt, sondern nur spät(er) von ihnen abgewöhnt.
In der Ehe will jeder Teil, daß bloß der andere anfange, pflichtmäßig und edel zu sein, dann woll er sehr erwidern, ja mehr geben als nur gegeben werde; - und unter diesem Wollen zanken sich beide fort, und keines fängt an.

Einer kann bloß dadurch, daß er alle Wetterinstrumente, Regenmesser in jeder Stunde bemerkt und aufschreibt, sich gegen alle Wetter gleichgültig machen und froh erhalten.

Die Kinder sind nie so gehorsam, als wenn sie den Eltern etwas geschenkt oder sonst eine Freude gemacht haben.

Man sollte nur die Gegenmeinungen des andern nicht entgegengesetzt den eignen betrachten, sondern als Meinungen für sich: so würde man sie ebenso leicht dulden, als man allen Aberglauben der Wilden und der Kirchengeschichte vergibt.

Das Streben nach Wahrheit macht uns zu sehr offen für jede neue Ansicht.

Ein Kritiker verdeckt seine Dürftigkeit des Urteils am besten, wenn er ein ganzes ästhetisches Jahrhundert mustert und durch kurze Urteile über bedeutende Größen deren Motivierung verbirgt oder ersetzt, weil man das Interesse an seinem Gegenstande mit dem Interesse an ihm vermengt.

Man denkt vom Verstand eines Menschen zu hoch, dessen Idiom man nur halb versteht.

Mancher sollte sich fragen, was er mit dem Leben machte, wenn ihm Gott Hunger, Durst und alle Lust- und Schmerzgefühle nähme, ob er es nur begehrte oder ob er nicht lieber Lücken begehrte, um sie nur zu füllen.

Man darf nur grob sein, so wird's der andere auch; nichts wird leichter auf der Stelle sogar dem Feinde nachgeahmt als Grobheit.

Man verteile und zersäe eine schwere Arbeit nicht in verschiedne Zeiträume - die Wichtigkeit beginnt und drückt immer von neuem -, sondern man mache sie auf einmal ab, da die Räume ohnehin mehr neuanfangenden Kraftaufwand begehren.

Nicht durch Dichter, sondern durch Leben muß man sich zum Dichter bilden, wie man nicht auf dem glatten Eise zu schnellem Fahren ausholt, sondern auf dem holper(ichten) Boden.

Das eigentlich Originelle am äußern Leben ist alles, was man Fremdes tut, ohne das Gefühl, daß es andern fremd vorkommen werde.

Ich komme leichter mit wahren Spitzbuben aus zu meinem Vorteil als mit wahren liberalen Menschen, welche mich zu meinem Nachteile bezaubern; denn ich kann ihnen nicht unähnlich sein.

Die meisten Menschen schließen aus einer Begebenheit und Handlung die Zukunft; aber die rechten Historiker schließen daraus die Vergangenheit. Jene gehen nur vor-, diese rückwärts, erraten aber desto mehr vorwärts.

Die meisten glauben durch die Heftigkeit ihrer Behauptung, diese stärker dem andern einzudrücken - und ihr eignes heftiges Gefühl mitzuteilen -; aber umgekehrt, durch einfach kaltes Behaupten teilt man das eigne stärker mit.

Im Leben ist der Engländer freier, im Schreiben pedantischer als der Deutsche, der gerade auf dem Papier die republikanische Rolle spielt.
Bei Leidenschaft errat ich den Menschen mehr aus dem Ton als aus der Rede, der Stimme-Ton ist schwer zu verbergen oder zu verheucheln.
Freiheit.

Ich fühle etwas in mir, daß ich sogar der Religion und des Himmels wegen nicht sklavisch sein wie ein Hermes, sondern Freiheit behalten würde, auf Kosten verdammt zu werden. Kein Wesen mit Bewußtsein kann seinen Wert - woher er auch sei - verleugnen, und sogar das Hingeben ist nur freier und also freibleibender Entschluß.

Man hüte sich, irgendeinen Vorzug, z.B. die Dienstfertigkeit der Barner, zu einem ganzen Charakter zu erheben - jede bedeutende Eigenschaft ist im Zusammenklang mit dem Ganzen zu erklären und zu würdigen; und so wird manche Tugend bleicher werden und mancher Fehler sanfter sich verflößen.

Zehn Küsse werden leichter vergessen als ein Kuß.

An und für sich ist jeder originell, weil er individuell ist; aber nicht jeder hat den Mut, er selber zu sein und zu scheinen; nur der Kräftige oder Berühmte oder Reiche hat ihn, weil er des Scheins entübrigt sein kann.

Junge Leute sehen in ihrer Entwicklung das Neue des Zeitalters auch für Entwicklung an und verwechseln sich mit der Zeit und halten daher alles Neue für so gut als sich und ergreifen es.

Wie[viel] Genies mögen erst unter dem weiblichen Pöbel verlorengehen, da doch die männlichen einige Mittel der Emporhebung haben.

Jeder weiß es, wo er sein Rechtes Kräftiges hat - und daraus wär er auch nicht zu treiben - aber eben darum will er von seiner Höhe herab noch fremde Ebenen erobern, zu seinem Höchsten noch allerlei dazu gewinnen - und dadurch, durch ohnmächtiges Streben einer vorigen Macht, wird er lächerlich.

Der Gelehrsamkeit ist keine Grenze d(er) Vergröß(erung) vorgeschrieben; aber wohl dem Scharfsinn.

Man sollte denken, wenn ein Professor die ganze Woche in abstrakten Lehren zubringt, daß sein Tiefsinn unendliche Tiefe gewinnen müßte und der Scharfsinn Schärfe; aber es trifft nicht zu; Jahre, nicht Übungen setzen die Grenze.

Die Weiber gehen gern, um bessern Platz zu gewinnen, eine Stunde früher in Konzert und Theater; aber eigentlich fangen beide für sie schon an, sobald sie nur ankommen und sich niedersetzen; denn ihr Sprechen verfrühet ihnen die Musik und das allmähliche Ankommen der Zuschauer das Schauspiel.

Kinder lieben am meisten in Märchen Vergrößerungen und Verkleinerungen gewohnter Gegenstände; sie können dann leicht diese in alle neue Verhältnisse setzen und der Phantasie den weitesten Spielraum auftun.

Gegen eine Fehlschlagung eines Plans gibt's keinen bessern Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen oder bereitzuhalten.

Begeht ein Mensch (oder Mann) einen wirklichen Fehler, so sagt er, dies ist eine Ausnahme und ein seltener Fall; der andere (Frau) hat die ähnlichen Fehler im Kopfe und zürnt durch Zusammenrechnen.

Nur die Ehe wird am glücklichsten, wo man die größten Vorzüge in ihr, nicht vor ihr entdeckt. Daher d(as) Heirat(en) eines Dichters so mißlich.

Das gemeine Volk, die Mägde etc. wollen durch ihre Kleidung nicht verführen, sondern nur glänzen; daher der Stoff ihnen zehnmal lieber als die Form.

Bei Schriftstellern in einer großen Stadt (Berlin) und Zirkeln ist schwer nachzuweisen - sogar von ihnen selber -, wieviel ihnen von ihren Ideen gehört, da sie täglich gedruckte kommentiert hören, neue darüber, dagegen etc.

Sich an die Stelle eines andern setzen - wird so allgemein ohne nähere Einschränkung gesagt. Wohl kann man sich in eine einzelne fremde Eigenschaft und Lage setzen, z. B. eines Zornigen; aber jenes Wort bedeutet noch 2erlei, a) sich in den ganzen moralischen Charakter eines andern setzen, was nur ein Dichter kann, b) sich in dessen intellektuellen setzen, was ebenso schwer; setze dich z. B. in den ganzen Umfang gelehrter, philosophischer, ästhetischer Anschauungen eines Menschen.

Jeder sollte sich eine Überseh-Stunde seines Tags oder Treibens wählen, und zwar nicht eine spazierende im Freien, sondern eine dunkle in der Dämmerung, wo nichts ihn durch seine Sinnen unterbricht.

Gründe (z. B. bei Max über kurzen Rock) wirken nur gegen Gründe, aber nicht gegen Empfindungen, gegen die wieder nur Empfindungen wirken.

Manche Autoren zeigen sich der Welt kälter und schärfer, als ihr Mensch ist, z. B. Lichtenberg; desto wärmer bleibt die bedeckte Quelle. Andere treiben ihre Wärme heraus und erkälten sich durch fremdes Erwärmen.

Kein Mensch kann durch sein Leben so viel intensive Freude machen als sein Verlust intensiven Schmerz, weil das Leben jene ausdehnt, der Tod diesen konzentriert. Alle Freuden, die einer gegeben, und die zukünftigen dazu vereinigen sich bei dem Verlust zu 1 Schmerz.

In der Ehe (wie in der Freundschaft und überall) hilft kein Wohltun und Beschenken, sobald die Persönlichkeit beleidigt ist anstatt verehrt. Keine langen Geschenke machen wörtliche Verkennungen des Augenblicks gut.

Schönheit gar kein Zeichen der Milde - höchstens im Alter.

Nur die Jugend ist offenherzig über sich und wahr; das Alter verbirgt aus Anstand.

Man ist nie liebenswürdiger, als wenn man geliebt wird.

Nicht die Freuden, sondern die Leiden verbergen die Leere des Lebens.

Bemerkungen über den Menschen.

Alle die in Rochefouc(auld), la Bruyère sind unmöglich zu behalten, zu ordnen, anzuwenden, sondern sie sollen bloß im allgemeinen den Blick schärfen und ihm eine gewisse Richtung geben.

- Schnee, der sich leicht ballen läßt, schmilzt bald.

Das Selblob mißfällt, sogar wenn es die Wahrheit ausspricht, doch darum, weil man voraussetzt, der Sprecher verberge aus Bescheidenheit noch etwas, nämlich ein größeres Lob, als ihm gehört.

Man muß nie vor einem ein Wortspiel mit seinen Namen (z. B. Markus) machen, da jedes ihm längst im Leben vorgekommen sein muß.

Die Menschen wollen immer, die Zeiten (Länder) sollen besser werden (sich bessern), und klagen doch, sobald sie anders werden (sich ändern), als könnte eines ohne das andere sein.

Zum bestechendsten Beweis einer Meinung wird uns oft ihre Neuheit, sobald diese alte Ansichten nicht verschließt, sondern weiter öffnet.

Die Tugend, sogar eines gemeinen Mädchens, ist verschieden, ob man sich für verheiratet oder unverheiratet ausgibt.

Einer, der aus stillem Egoismus uns überall lobt und alles an uns, verlöre alle seine Unparteilichkeit, die wir ihm wegen seines Lobs für uns zuschreiben, wenn wir ihn die andern loben hörten, d. h. jeden.

Kurz vor dem Abreisen sowie kurz nach dem Ankommen verschönert sich uns unser Wohnort.

Die Jungfrau heiratet im Dichter den Dichter, im Künstler den Künstler; aber in der Ehe weiß sie so wenig von diesem als ein Mann, der eine Sängerin geheiratet hätte; alle Verhältnisse sind nur die eines Mannes. Nur einige Weiber - wie Wielands, Dürers - schätzen und pflegen im Manne den Künstler, je weniger sie selber von seiner Kunst verstehen, aber von ihr erwarten ökonomisch.

Die Ehemänner müssen so oft in Begeisterungen oder Exaltation entweder durch Arbeiten oder durch Trunk, welche bei den Weibern wegfallen, mit diesen verkehren.

Auf das Volk muß die vornehme Busenblöße so wirken wie auf den Vornehmen die gemeine Wadenblöße.

Sogar nach Belügen traut man doch wieder Wahrheit zu. Aber nach Grausamkeit erwartet man keine Milde mehr.

Alte, wie Montaigne, sprechen leicht zu obszön, weil sie keine Versuchung mehr fühlen und überhaupt mit den Ideen zu vertraut und dabei alt geworden sind.

Die Weiber machen über die Empfindungen ihrer Liebe die feinsten Bemerkungen; ohne sich doch eigentlich selber anzuschauen - so wie ein Psycholog darum doch nicht die größte Selbstkenntnis haben kann.

Gerade dies beweist die Kraft des Kopfes, was er aus einem kleinen Gegenstande witzig, philosophierend macht ohne fremde Belehrung; nicht aber sein Hinzutun von Kenntnissen, Erläuterungen usw. - z. B. über Mädchen wird der Jurist, Arzt, etc. zu sprechen wissen; aber anders der Witzige und Umsichtige.

Man darf immer Mißtrauen haben, nur keines zeigen.

Nicht geniale Einseitigkeit, sondern talentvolle Mehrseitigkeit (wie bei Stainlein) führt im Geschäftleben zu hohen Posten; jene schließt aus.
Ach das Alter gibt Einsamkeit, geistige; nur die Jugend Geselligkeit.

An d(er) Geliebten wird der alltägliche wiederkommende Wert für hoch gehalten, die dazwischenfallenden Ausnahmen davon für klein oder nur Laune. An der Frau - wie überhaupt an Mann und Magd und Freund - wird das Gute, was seinen Charakter ausmacht und immer erscheint, für notwendig gehalten und kaum berechnet (außer nach dem Tode etc.), aber die Ausnahmen desto mehr und fast allein und überwiegend.

In der Ehe das Mißverhältnis, daß die Begeisterungen des Mannes und der Frau nicht ineinandertreffen; der Mann von der Arbeit begeistert, sie davon erschöpft, und so nach Tagzeiten umgekehrt.

Jeder wird wider Willen originell, der sich's bequem macht und nach dem Scheine nichts fragt.

Die närrischen Menschen! Zum anerkannten Genie kommen sie, nicht um zu hören, sondern um sich hören zu lassen. Zum Dunse, gleichfalls um zu reden. Wann will denn einer hören? - Da, wo er eine Lücke findet, die ihn am weiteren Reden hindert.

Keine schmerzhaftere Empfindung, als wenn man froh zu machen suchte und doch nicht froh machte (wie bei Weihnachtgeschenk).

Nichts ist schöner im Enthusiasmus zu lieben, als Kinder; denn die Liebe verlangt von ihnen nicht einmal die Liebe, sondern ihr Glück.

Der Mensch hat ein eignes selbgefälliges Wohlgefühl, wenn er eine Beleidigung erzählen kann, die man ihm angetan.

Wer die Welt nicht kennt, setzt bei jeder, zumal scharf und gut ausgedrückten Meinung oder Satz voraus, ihr stehe im Hinterhalte ein langes System und Prüfen, indes sie eben jetzo erst gefunden, wiewohl doch auch in solchem Falle viel Vorrat im Hinterhalte liegt.

Die juristische Regel, sich mit keinem überflüssigen Beweise zu beladen, lernt man später auch in unjuristischen Fällen und Briefen befolgen, wo man andere bestimmtere Äußerungen, die nicht eben zur Sache gehören, unterläßt und allem noch freien Spielraum läßt.

Den mißtrauischsten Egoisten kann man stundenlang von sich zu sprechen veranlassen, ohne daß er das Veranlassen merkt.

Was am leichtesten hartherzig macht, wenigstens das Abschlagen zu sehr erleichtert, ist, wenn man gewiß ist, daß man nicht allen helfen kann.

Satiren können in der großen Welt nicht an der moralischen Seite bessern, weil die Unsittlichkeit das Lächerliche verloren oder doch leicht verschmerzt; höchstens an der intellektuellen, zu welcher auch die moralische umzudrehen ist; denn Fehler des Verstandes bleiben immer den Pfeilen der Satire frei. Aber Darstellung großer moralischer Kräfte hebt die gesunknen der großen Welt.

Den Weibern merkt man nie die geheimen stolzen Ansprüche an - leichter die eiteln -, weil sie alles gemildert und schüchtern zeigen. Eine Sanfte kann sich für die Vornehmste und Klügste halten.

Lichtenbergisch.

Wenn man nur einmal alle die allgemeinen Bemerkungen der Diener und Kammerjungfern über ihre Herrschaften sammelte, über ihre Vergeßlichkeit, Unredlichkeit etc.: so wäre doch etwas von der Ab(Gegen)seite der Welt da.

In den Aufsätzen der Primaner wird die Flucht des Lebens, die Sorge der Männlichkeit etc. so stark geschildert, als sei der Schüler selber darin; aber die Jugend malt die Eitelkeit und das Sterben, ohne es anders als poetisch und nachgelesen zu empfinden. - Aber eben dies bezeugt das Nachsprechen der Leserei; ein lebensfroher Jüngling spricht so lebensatt wie ein Alter, indes er gerade unter dem Schildern des Abblühens mehr erblüht. - Wie anders der Mann oder Greis, der ungern davon spricht, weil er's schon fühlt.

Eine moralische Schamhaftigkeit - und eine der Gewohnheit. Letzte hat der unverschämteste Mann, der sich von einem Unbekannten oder gar einer Unbekannten nur mit Schrecken in einer natürlichen, an sich unschuldigen Handlung betreffen läßt.

Alles in den Weibern muß sich ja auf Eitelkeit und Kleider lenken, da sie immer nähen, also immer etwas von Kleidern in Händen haben, wenn auch nicht am Leibe.

Man genießt und fühlt den Reichtum nur in der Minute, wo man ihn unverhofft bekommt; darauf wird er zu Armut.

Nichts vermehrt die Liebe gegen eine ferne Person mehr, als wenn Fremde, andere von ihr sprechen, lobend, ja nur erzählend.

Freiheit.

Ich fühle etwas in mir, daß ich sogar der Religion und des Himmels wegen nicht sklavisch sein wie ein Hermes, sondern Freiheit behalten würde, auf Kosten verdammt zu werden. Kein Wesen mit Bewußtsein kann seinen Wert - woher er auch sei - verleugnen, und sogar das Hingeben ist nur freier und also freibleibender Entschluß.

Man hüte sich, irgendeinen Vorzug, z.B. die Dienstfertigkeit der Barner, zu einem ganzen Charakter zu erheben - jede bedeutende Eigenschaft ist im Zusammenklang mit dem Ganzen zu erklären und zu würdigen; und so wird manche Tugend bleicher werden und mancher Fehler sanfter sich verflößen.

Zehn Küsse werden leichter vergessen als ein Kuß.

An und für sich ist jeder originell, weil er individuell ist; aber nicht jeder hat den Mut, er selber zu sein und zu scheinen; nur der Kräftige oder Berühmte oder Reiche hat ihn, weil er des Scheins entübrigt sein kann.

Junge Leute sehen in ihrer Entwicklung das Neue des Zeitalters auch für Entwicklung an und verwechseln sich mit der Zeit und halten daher alles Neue für so gut als sich und ergreifen es.

Wie[viel] Genies mögen erst unter dem weiblichen Pöbel verlorengehen, da doch die männlichen einige Mittel der Emporhebung haben.

Jeder weiß es, wo er sein Rechtes Kräftiges hat - und daraus wär er auch nicht zu treiben - aber eben darum will er von seiner Höhe herab noch fremde Ebenen erobern, zu seinem Höchsten noch allerlei dazu gewinnen - und dadurch, durch ohnmächtiges Streben einer vorigen Macht, wird er lächerlich.

Der Gelehrsamkeit ist keine Grenze d(er) Vergröß(erung) vorgeschrieben; aber wohl dem Scharfsinn.

Man sollte denken, wenn ein Professor die ganze Woche in abstrakten Lehren zubringt, daß sein Tiefsinn unendliche Tiefe gewinnen müßte und der Scharfsinn Schärfe; aber es trifft nicht zu; Jahre, nicht Übungen setzen die Grenze.

Die Weiber gehen gern, um bessern Platz zu gewinnen, eine Stunde früher in Konzert und Theater; aber eigentlich fangen beide für sie schon an, sobald sie nur ankommen und sich niedersetzen; denn ihr Sprechen verfrühet ihnen die Musik und das allmähliche Ankommen der Zuschauer das Schauspiel.

Kinder lieben am meisten in Märchen Vergrößerungen und Verkleinerungen gewohnter Gegenstände; sie können dann leicht diese in alle neue Verhältnisse setzen und der Phantasie den weitesten Spielraum auftun.

Gegen eine Fehlschlagung eines Plans gibt's keinen bessern Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen oder bereitzuhalten.

Begeht ein Mensch (oder Mann) einen wirklichen Fehler, so sagt er, dies ist eine Ausnahme und ein seltener Fall; der andere (Frau) hat die ähnlichen Fehler im Kopfe und zürnt durch Zusammenrechnen.

Nur die Ehe wird am glücklichsten, wo man die größten Vorzüge in ihr, nicht vor ihr entdeckt. Daher d(as) Heirat(en) eines Dichters so mißlich.

Das gemeine Volk, die Mägde etc. wollen durch ihre Kleidung nicht verführen, sondern nur glänzen; daher der Stoff ihnen zehnmal lieber als die Form.

Bei Schriftstellern in einer großen Stadt (Berlin) und Zirkeln ist schwer nachzuweisen - sogar von ihnen selber -, wieviel ihnen von ihren Ideen gehört, da sie täglich gedruckte kommentiert hören, neue darüber, dagegen etc.

Sich an die Stelle eines andern setzen - wird so allgemein ohne nähere Einschränkung gesagt. Wohl kann man sich in eine einzelne fremde Eigenschaft und Lage setzen, z. B. eines Zornigen; aber jenes Wort bedeutet noch 2erlei, a) sich in den ganzen moralischen Charakter eines andern setzen, was nur ein Dichter kann, b) sich in dessen intellektuellen setzen, was ebenso schwer; setze dich z. B. in den ganzen Umfang gelehrter, philosophischer, ästhetischer Anschauungen eines Menschen.

Jeder sollte sich eine Überseh-Stunde seines Tags oder Treibens wählen, und zwar nicht eine spazierende im Freien, sondern eine dunkle in der Dämmerung, wo nichts ihn durch seine Sinnen unterbricht.

Gründe (z. B. bei Max über kurzen Rock) wirken nur gegen Gründe, aber nicht gegen Empfindungen, gegen die wieder nur Empfindungen wirken.

Manche Autoren zeigen sich der Welt kälter und schärfer, als ihr Mensch ist, z. B. Lichtenberg; desto wärmer bleibt die bedeckte Quelle. Andere treiben ihre Wärme heraus und erkälten sich durch fremdes Erwärmen.

Kein Mensch kann durch sein Leben so viel intensive Freude machen als sein Verlust intensiven Schmerz, weil das Leben jene ausdehnt, der Tod diesen konzentriert. Alle Freuden, die einer gegeben, und die zukünftigen dazu vereinigen sich bei dem Verlust zu 1 Schmerz.

In der Ehe (wie in der Freundschaft und überall) hilft kein Wohltun und Beschenken, sobald die Persönlichkeit beleidigt ist anstatt verehrt. Keine langen Geschenke machen wörtliche Verkennungen des Augenblicks gut.

Schönheit gar kein Zeichen der Milde - höchstens im Alter.

Nur die Jugend ist offenherzig über sich und wahr; das Alter verbirgt aus Anstand.

Man ist nie liebenswürdiger, als wenn man geliebt wird.

Nicht die Freuden, sondern die Leiden verbergen die Leere des Lebens.

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Was ist nur so spannend an der Mona Lisa ???

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